11.06.2020

Black Dada Reader und ein Offener Brief

Adam Pendletons Textsammlung und ein Offener Brief Schwarzer Künstler*innen und Kulturschaffenden sind angekommen.

Im letzten Blogeintrag ging es um Black Dada Flag (Black Lives Matter), weisse Solidarität und ein gekapertes Hashtag. Heute ist Adam Pendletons Black Dada Reader in der Dada-Bibliothek angekommen. In Anlehnung an Dada versteht er Black Dada als künstlerische Möglichkeit, über die Zukunft und gleichzeitig über die Vergangenheit zu sprechen. Dabei bringt der afroamerikanische Künstler Stimmen auf eine Art und Weise zusammen, welche die einfache Logik und die etablierte Geschichte stören. So steht Hugo Balls Dada Manifesto dem Black-Power-Text von Stokely Carmichael The Pitfalls of Liberalism gegenüber. Solche Überblendungen interessieren Pendleton. Denn sowohl Dada als auch Black Power weisen feste Bedeutungskategorien zurück und eröffnen neue Denk- und Handlungsmöglichkeiten. Zu Pendletons Text-Kollektion gehört auch Adrian Pipers The Joy of Marginality (unten in der Slideshow). Die Künstlerin schreibt 1988, sie sei auch froh über die Marginalisierung, da sie aus dieser Perspektive die Aggressoren ausmachen könne. Ihre Kunst soll Akt der politischen Kommunikation sein, die Betrachter*innen kanalisiert, über ihre eigenen tiefen Impulse und Anworten auf Rassismus und Xenophobie nachzudenken. In diesem Sinne kreiert Piper einen Trainingsgrund für Wahrnehmungs- und Denkspiele, die aber durch die sorgfältige Gegenüberstellung von Bild und Sprache zur Reflexion von konkreten politischen Ereignissen wie Rassismus führen sollen.

Der Black Dada Reader kann in unserer Präsenzbibliothek gelesen werden.


Ebenfalls weisen wir auf einen Offenen Brief hin, den das Cabaret Voltaire und über 70 weitere Institutionen von über 50 Schwarzen Künstler*innen, die professionell in der Schweiz tätig sind, bekommen haben. Den gesamten Brief können Sie hier lesen: Black Artists and Cultural Workers in Switzerland

Das Cabaret Voltaire ist seit Januar 2020 unter neuer Leitung. Dada wird in der Institution als Befragungsmodus verstanden, der in unterschiedlichen Formen und Formaten fortwährend Fragen stellt: Wie reagieren wir auf die Gegenwart? Mit welchen Mitteln denken wir die Zukunft? Welcher Sprache bedienen wir uns? Wer nimmt an der Gesellschaft teil, unter welchen Bedingungen? Was bedeutet Existenz? Welche Rolle spielen die Künste? Ebenfalls im Fokus steht das Gemeinschaftliche, die gegenseitige Stärkung und Konfrontation, Verletzlichkeit und Mut.

Der Offene Brief bestärkt uns darin, strukturellen und institutionellen Rassismus künftig noch konkreter zu reflektieren und Handlungsmöglichkeiten innerhalb der Institution intensiver auszuloten. Es gehört auch zum Programm des Cabaret Voltaire, problematische Seiten des kulturellen Erbes zu thematisieren und zur Diskussion zu stellen.

Um einen Einblick in die aktuelle Situation zu geben: Seit Januar 2020 traten drei Schwarze Frauen im Cabaret auf (Eigen- und Gastveranstaltung). Sie wurden aufgrund ihrer künstlerischen Praxis eingeladen. Eine vierte Position mussten wir wegen Corona bis auf weiteres verschieben. Zwei Veranstaltungen waren geplant, die unter anderem Diskussionsraum zu Rassismus ermöglichen. Eine wird sicherlich nachgeholt. Derzeit konzipieren wir einen Audioguide, der auch das Themenfeld «Dada Postkolonial» beinhaltet. Das Cabaret-Voltaire-Team ist klein, aktuell arbeitet keine Schwarze Person in der Institution. Die Frage, inwiefern disziplinübergreifende Orte der kritischen Auseinandersetzung und kleinere Kulturbetriebe finanziert werden, beschäftigt die Institution seit Beginn.

Adam Pendleton: Black Dada Reader (Umschlag), Koenig Books, 2017

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