Den Link zum heutigen einmaligen Streaming finden Sie am 12. April, 19:00, hier.

Am 23.03.2021 und 24.03.2021 fand die persönliche und berührende Lesung Geteilte Zeit – Briefe an meinen Sohn von Armen Avanessian statt. Die Aufnahme aus dem Cabaret Voltaire wird in Zusammenarbeit mit der Volksbühne Berlin am 12.04.21 (Teil 1) sowie am 15.04.21 (Teil 2) jeweils ab 19:00 einmal gestreamt.


Geteilte Zeit – Briefe an meinen Sohn wurde im ersten Lebensjahr seines Sohnes geschrieben und wird als Buch vielleicht 2035 erscheinen.

Der Philosoph schildert darin ihren gemeinsamen Alltag, ihre geteilte Gegenwart und adressiert dabei einen Leser in der Zukunft, der einmal zwanzig, einmal vierzig, und am Ende des Jahrhunderts achtzig Jahre alt sein wird. Aus stets konkreten Erfahrungen und Alltagsbeschreibungen entwickeln sich Überlegungen zu allgemeinen ethischen, sozialen und philosophischen Fragen.

Was ist ein Anfang, Geburt und Beginnen, und warum konnte die männlich dominierte Philosophie diese nur unzureichend fassen? Was sind die Verengungen der klassischen Liebeskonzeptionen, und inwiefern weist Intimität uns einen anderen Weg? Was bedeutet es heute Vater zu sein, eine Familie zu haben und ein Erbe weiterzugeben oder anzutreten (oder umgekehrt auszuschlagen, zurückzuschlagen und mit seiner Familie abzurechnen)? Und inwiefern müssen wir nicht zuletzt auch Tod-und-Sterben-lernen – als vielleicht die klassischen Topoi philosophischer Selbstreflexion – nicht nur mit Blick auf nachfolgende Generationen, sondern aus deren zukünftiger Bedrohung der gesamten Gattung neu denken? Schon heute ist Geteilte Zeit eine Flaschenpost aus einer bereits vergangenen Gegenwart.

«Was ich dir schreibe, das von mir Geschriebene, will dich umarmen, will deine Zeit und meine Zeit zusammen fassen. Denn das Schreiben kommt immer zu spät, hinkt hinterher, aber dann, zugleich, schreibe ich das alles für dich, meinen zukünftigen Leser, viel zu früh. Deshalb habe ich versucht, dir entgegenzukommen.
Ich habe dir geschrieben, um mich an die Zukunft zu erinnern.
Ich habe dir geschrieben, um dich auf die Vergangenheit vorzubereiten.
Ich habe dir geschrieben, weil du sie schon für mich verändert hast.
Ich habe dir geschrieben, damit du das noch einmal lesen kannst.
Ich habe dir geschrieben, weil ich gar nicht anders konnte.
Aus unserer geteilten Zeit habe ich dir geschrieben.
Und wer hätte gedacht, dass es Wünsche und Träume gibt, die in Erfüllung gehen.»

Armen Avanessian liest sein Buch Geteilte Zeit – Briefe an meinen Sohn, 23. März 2021. Photo: Cabaret Voltaire, IIDA