Das Cabaret Voltaire freut sich, die erste institutionelle Einzelausstellung von Lee Scratch Perry (1936–2021) in der Schweiz und in Europa zu präsentieren.
Den vollständigen Ausstellungstext finden Sie hier.
Lee Scratch Perry prägte die Entwicklung des Reggaes, Ska und Dub wie kein anderer. Seine legendären Studios in Kingston, Jamaika und in Einsiedeln, Schweiz, sind weltbekannt. Doch Perrys Einfluss geht weit über die Musik hinaus. Sein Gesamtkunstwerk umfasst visuelle Kunst wie Kostüme, totemistische Skulpturen und Assemblagen aus Sprache, Film, Malerei sowie alltäglichen Gegenständen wie CDs, Spiegeln, Steinen und religiösen und popkulturellen Bildern. Damit beeinflusste er nicht nur Musikgrössen wie Bob Marley oder Keith Richards, sondern auch Künstler*innen wie Jean-Michel Basquiat.
Mit dem Dada-Erbe des Cabaret Voltaire verbindet Perry das disziplinübergreifende Schaffen, die Sampling-Kultur oder der DIY-Ansatz. Beide brachen spielerisch mit gesellschaftlichen Normen, erschufen eigene Mythologien und waren dem Prozess sowie Kollaborationen verpflichtet. In der Schweiz fanden Perry und die Dada-Gruppe eine ruhige Insel, die Konzentration und kreative Entfaltung ermöglichte. Die Inkubatoren waren Räume, die heute international bekannt sind: eine Bier- und Weinschenke in Zürich (Cabaret Voltaire) sowie das Blue Ark Studio in einer Garage im Kanton Schwyz.
Im Zentrum der Ausstellung stehen Perrys künstlerische Schöpfungen seit den 1990er-Jahren in der Schweiz. Diese umfassen Studiowände aus dem Blue Ark Studio, skulpturale Assemblagen, Malereien, dekoriertes Equipment und aufbereitetes Material aus seinem umfangreichen Videoarchiv. Einige der Werke und Videoarbeiten wurden speziell für die Ausstellung gesichert. Sie machen Perrys einzigartige Persönlichkeit und die Gestaltung seiner Umgebung erlebbar und verdeutlichen die komplexen Beziehungen und Einflüsse zwischen Musik, Spiritualität und Kunst. Die Besucher*innen des Cabaret Voltaire können eine Zeitkapsel betreten, die erstmals einen Zugang zu Perrys dreissigjährigen Schaffensphase in der Schweiz bietet. Ebenfalls Teil der Ausstellung sind Werke, die aus Kollaborationen entstanden sind und das Archiv als lebendiges Netzwerk verständlich machen.
Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit dem Visual Estate of Lee Scratch Perry (geleitet von Lorenzo Bernet und Valentina Ehnimb).
Neben Lee Scratch Perry leisten auch folgende Personen einen Beitrag zur Ausstellung: Peter Harris, Invernomuto, David Katz, Lhaga Koondhor (House Of Intuitions) & Dave Marshal, Trinity Mesime Njume-Ebong (Mother Dubber), Sebastian Roldan, Maria Rodski, Volker Schaner, Scott Seine, und weitere.
Herzlichen Dank an: Mireille Perry und die Familie Perry, Ulrike & Giuliano Bernet, Antoine Félix Bürcher, Thomas Julier, Albertine Kopp / Caribbean Art Initiative, Cabinet Gallery, London, Corbett vs. Dempsey, Chicago, suns.works, Zurich.
Die Ausstellung wurde unterstützt durch:
Stadt Zürich
Kanton Zürich
Amt für Kultur des Kanton Schwyz
Bezirk Einsiedeln
Private Kulturstiftung Einsiedeln
Biografie Scratch Perry:
Lee Scratch Perry (1936–2021) wurde in einem entlegenen jamaikanischen Dorf geboren und zog 1961 nach Kingston, um eine Musikkarriere zu verfolgen, geleitet von einer göttlichen Stimme. Nach der Gründung des berühmten Black Ark Studios produzierte er einige der bekanntesten Songs von Bob Marley und wurde zu einer wegweisenden Figur in der Entwicklung von Dub- und Reggaemusik. Einige Jahre später brannte das Studio nieder, und Perry führte ein nomadisches Leben, bis er sich schliesslich in der Schweiz niederliess. Perry arbeitete u.a. mit Künstler*innen wie Bob Marley & The Wailers, Junior Murvin, den Beastie Boys, The Clash. 2003 wurde er mit einem Grammy für das beste Reggae-Album ausgezeichnet.
In den späten 1970er-Jahren begann Lee Scratch Perry damit, Symbole und Dub-Collagen in seinem Studio zu malen, die sich allmählich zu einer multidisziplinären Gesamtkunstwerk-Praxis entwickelten. Diese umfasste seinen gesamten Körper und seine physische Umgebung. Oft von Spiritualität durchdrungen, nahm sein visuelles Schaffen zunehmend die Form von vielschichtigen Clustern an, die sich kontinuierlich veränderten. Mit Farbe, Spiegeln, Steinen, Fotografien, Videos, Gedichten und Wortcollagen schuf Perry ein sich ständig erweiterndes Netzwerk aus paradiesischen Tieren, Cartoon-Figuren und Heiligen – in einem unaufhörlichen Bestreben, den Allmächtigen zu verehren.
In den letzten Jahren wurde Perrys Werk zunehmend im Kunstbereich anerkannt. Doch bereits in den 1980er-Jahren nannte Jean-Michel Basquiat die künstlerische Kraft von Perrys Œuvre eine wichtige Inspirationsquelle für seine eigenen Bilder. Werke von Lee Scratch Perry wurden unter anderem im NMAAHC / Smithsonian Institute in Washington DC (2023), im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf (2023), im MACRO – Museum für zeitgenössische Kunst in Rom (2022) sowie auf der 34. São Paulo Biennale (2021) ausgestellt.

























